Jeder versteht unter dem Begriff etwas anderes. Ursprünglich
benennt er ausschließlich einen objektiven Mangel an verfügbarem Einkommen um den
Bedarf an existenziellen Grundbedürfnissen wie Nahrung, Kleidung oder einer
Wohnung zu decken. Manche sehen in ihm darüber hinaus gleichbedeutend das drängendstes
Motiv von Kriminalitätsdelikten oder etikettieren Empfängern von
Arbeitslosengeld II den Begriff widerspruchslos ans Revers. Wiederum andere nehmen
Sie lediglich als Problem der Wenigen wahr, von Menschen, die sich nicht
genügend angestrengt haben: Armut.
„Das Gesetz macht alle auf
erhabene Weise gleich. Es verbietet allen Menschen, unter Brücken zu schlafen,
auf den Straßen zu betteln oder Brot zu stehlen - den Armen ebenso wie den
Reichen.“
(France, französischer
Schriftsteller)
Vielleicht ist der eine oder andere schon einmal durch
die mächtigen, grauweiß getünchten Wohnsilos in boulevardbekannten Gebieten wie
auf dem Kölnberg in Köln-Meschenich oder den Blocks am Kottbusser Tor in
Berlin-Kreuzberg gegangen. Aus dem Auto heraus, weisen dunkel heruntergekommene
Straßenschluchten den Weg, deren Einwohner durch die Gentrefizierung immer
weiter aus den Stadtzentren an die Peripherien vertrieben werden. Jeder kennt
die Stadtteile in Deutschland, in denen eine hohe Arbeitslosigkeits-,
Migrations- und Kriminalitätsquote um den ersten Platz konkurrieren.
Doch auch hier wohnen Menschen, deren personalisierte Armut
nicht den Scripted Reality Soaps des
Privatfernsehens oder dem Printboulevard überlassen werden darf. Der
allgegenwärtige – in seiner ureigenen Form passive – Voyeurismus reißt immer
erschreckendere Marken und transportiert Botschaften mit perfiden Chiffren à la
– „Schau an, wie die leben, gottseidank haben wir es besser“.
Ältere Menschen, die keinerlei Kontakt zur Außenwelt
besitzen, keinerlei soziale Interaktion genießen, verschwinden gewollt oder
ungewollt aus unserem Blickfeld und vegetieren sich selbst zur Bahre. Flüchtlinge
und Asylbewerber kommen in unserem
täglichen Umfeld praktisch nicht vor, obwohl die Größenordnung dies vermuten
lassen würde.[1] Vom sichtbaren
Prekariat in manchen Stadtbezirken ganz zu schweigen. Gesellschaftliche Teilhabe, selbst passive, ist so in
vielen Fällen nicht mehr möglich. Eine unvorstellbar große Zahl an Menschen wird
so zurück gelassen.
Die unterste Kaste der Armut paktiert so von uns allen zurückgelassen mit
einer bereits heute verlorenen Hoffnung auf die Zukunft.
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