Freitag, 30. Dezember 2011

Der Bauer als schwächster Stein im Spiel

Lustige Klebe- und Scherenspiele als Workshop getarnt
Veranstaltet von ausgelagerten Subunternehmen der Agentur
und versteckt in unscheinbaren Gebäuden der Gewerbegebiete
Die Administration der aufrechtgehenden Steuerzahler
verwaltet die gesellschaftlich Gescheiterten
mit dem fiktiven Argument der Pflicht für die Allgemeinheit

Als wenn Briefmarkenkontingente und Anwesenheitslisten
den Weg zurück in die Gesellschaft ebnen würden
Das Versprechen auf Teilhabe, Nützlichkeit und Partizipation
einer würdevollen und menschlichen Behandlung ist durch
unterhaltsame Steckbriefe und Rollenspiele nicht zu erreichen
Kapitulation aufgrund eines Blendwerks ohne reale Analogie

Rudimentäre Sprechakte zerlebter Frauengestalten
und zittrige Leseversuche alter Männer murmeln 
die leisen aber unverkennbaren Laute der Resignation
Wenn Coaches von corporate identity des Kunden reden
und die einzige Diversifikation des Tages das Nudelgericht ist
steht der Absprung in die Bodenlosigkeit bereits kurz bevor

Dienstag, 27. Dezember 2011

Dumpf klingt die Träne

Schrei ihn raus
Den verdammten Ton der Verzweiflung
Das Bild des Krieges
Längst verschwunden aus den Köpfen

Aufgeschlitzte Männer
Vergewaltigte Frauen
Misshandelte Kinder

Für ein panslawisches Reich hat
Celans Meister aus Deutschland

nun ein anderes Gesicht

Sonntag, 25. Dezember 2011

Ein Ende der Rachsucht

Eine Filmkritik

Es wäre keine milde Gabe oder gar ein kostspieliges wie populistisches Geschenk für die Armen. Die Idee verspricht nichts weniger, als die Handlungsmacht auf das ureigenste Recht der Menschheit zurück zu erlangen: das Recht eines jeden Bürgers, selbst zu überlegen, was sinnvoll mit der begrenzt verfügbaren Zeit auf Erden anzustellen wäre. Ein jeder würde nach seinen Begabungen, seinen Fähigkeiten, seinen individuellen Neigungen entscheiden können, was für eine Tätigkeit in welcher Form für ihn in Frage käme. Und das unabhängiger vom erwerbsmäßigen Einkommen. Eine Idee, deren Zeit längst gekommen ist und sich finanziell sogar rechnet: die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens.

Darüber spricht der Film-Essay Grundeinkommen von Daniel Häni und Enno Schmidt.
 
"[…] Arbeit [hat] ihren Wert nicht im Bezahlen […], sondern in dem, was sie anderen bringt und mir bedeutet. Einkommen ist nicht der Preis meiner Arbeit, sondern die Ermöglichung meines Lebens."[1]

Die Möglichkeit der Selbstbildung, bzw. des Selbststudiums wäre gegeben, die Arbeit mit Freude in einer Tätigkeit, die nicht nur deswegen ausgeübt wird, weil man es muss, sondern weil man es gerne tut. Die freie Zeit wäre nutzbar um ehrenamtlich anderen Menschen zu helfen und würde einem selbst mehr Unabhängigkeit versprechen. Gleichzeitig würde es eine gerechtere Entlohnung von sozialen Berufen bedeuten, deren Beschäftigten aufgrund des häufig desaströsen Verhältnisses von innerem Antrieb und niedrigem Gehalt aufgerieben werden.

Wem dies aufgrund der Finanzierbarkeit utopisch erscheint, der sollte bedenken, was für eine Freiheit abseits des Egoismus in unsere Gesellschaft einziehen könnte. Und er sollte diesen Film schauen.


Mittwoch, 21. Dezember 2011

Mut zur Eindeutigkeit

Versteck dich nicht

hinter Fremdwörtern, Anglizismen und Neulogismen
sondern
bezieh eindeutig Position
und schieb nichts auf
sondern
äußere dich zweifelsfrei und agitiere
anstatt zu propagieren

Vertrete deine Meinung

Streite öffentlich
stell dich der Herausforderung
der reellen Gefahr

schutzlos zu werden
angreifbar, wehrlos
vielleicht unterlegen
im Angesicht deines Argumentes

Die neue Maxime der Eindeutigkeit
ist der wichtigste Bote der neuen Zeit

Samstag, 17. Dezember 2011

Der gefährliche Ruf nach Gauck

Niemand ist unfehlbar. Doch trotz seiner offensichtlich moralischen Verwerfungen sollte man sich zweimal überlegen, ob und wann man den Rücktritt des ersten Mannes im Staat fordert.
Wir erwarten von unseren Politikern –  zu Guttenberg war das letzte prominente Beispiel – eine bedingungslose und puritanische Selbstausfassung von Ehrlichkeit, Redlichkeit und Charakterstärke. Also etwas, zu was die Mehrheit der Bevölkerung nicht ohne weiteres im Stande ist.

Ein Volk von Steuertricksern beschimpft Klaus Zumwinkel. Natürlich haben Sie Recht, die Kritiker: Unrecht bleibt Unrecht. Aber die Verhältnismäßigkeit sollte immer gewahrt bleiben. Diese wird durchlöchert, wenn Banker und Manager als Sündenböcke herhalten müssen, obwohl und trotzdessen wir selbst immer höhere Renditen auf unsere Anlagen, Aktien und Fonds erwarten und damit die Gier erst geboren haben. Ein Widerspruch zum berechtigten Verlangen einer aufrichtigen und gesetzestreuen Haltung vom Bürger an die Abgeordneten entsteht dabei dennoch nicht. Vielmehr ist die Doppelzüngigkeit gefährlich, regt sie doch Ressentiments, die nicht gestillt werden, sondern nur durch die nächsten überlagert werden.

Es wäre an erster Stelle der Schaden des Amtes des Bundespräsidenten, wenn nach Horst Köhler im Mai 2010, nur knapp 20 Monate später der nächste Präsident die Bühne räumt. Wir hätten zwar nicht gleich Weimarer Verhältnisse. Aber doch ist es beängstigend, wenn vor knapp einem Jahr ein Präsident gehen musste, weil er verklausuliert von wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik sprach, die auch militärisch gewahrt werden müssen. So unerträglich manche diese Aussage auch finden mögen, sie ist Realität. Köhler wurde auch durch das aufziehende Mediengewitter gestürzt, das durch Politiker unterschiedlicher Couleur multipliziert wurde. Die Verbindung zwischen Ihm, dem verhängnisvollen Verhalten von zu Guttenberg im Zuge seiner Plagiatsaffäre und dem bewusstem Verschweigen des Privatkredit eines Unternehmerfreundes von Wulff gegenüber dem Niedersächsischen Landtag erschließt sich erst auf den zweiten Blick:
Nämlich, in der allzu bekannten menschlichen Neigung, negativen oder anders gesagt, voraussichtlich unangenehmen Dingen und auch Wahrheiten aus dem Weg zu gehen, auch wenn Sie für Außenstehende unausweichlich erscheinen.

Auch wenn die Rede von Joachim Gauck im Deutschen Theater in Berlin am 22.06 letzten Jahres zeigte, was für Fähigkeiten er mitbringen würde und dass mit ihm wahrscheinlich auch ein intellektuell weitsichtigerer Kandidat ins Amt gebracht wäre, beginnt es zu allererst bei uns selbst, zu fragen, welche utopischen Maßstäbe wir an unsere Volksvertreter richten und ob wir damit noch selbst in den Spiegel schauen können. 


Mittwoch, 14. Dezember 2011

Europas Utopie

Imagination
bedeutet, dass
nur mehr in der Folklore
von Migrationshintergrund
gesprochen wird

Integration
bedeutet, dass
Migration innerhalb
der europäischen Union
zu einer Selbstverständlichkeit gehört
wie sie außerhalb
nicht mehr zu erwähnen wäre

Illusion
bedeutet, dass
diese ganzen Prozesse
Veränderungen und Umbauten
geschehen
ohne
dass wir etwas dafür tun
müssen

Sonntag, 11. Dezember 2011

Wandel oder Stagnation

Jeder versteht unter dem Begriff etwas anderes. Ursprünglich benennt er ausschließlich einen objektiven Mangel an verfügbarem Einkommen um den Bedarf an existenziellen Grundbedürfnissen wie Nahrung, Kleidung oder einer Wohnung zu decken. Manche sehen in ihm darüber hinaus gleichbedeutend das drängendstes Motiv von Kriminalitätsdelikten oder etikettieren Empfängern von Arbeitslosengeld II den Begriff widerspruchslos ans Revers. Wiederum andere nehmen Sie lediglich als Problem der Wenigen wahr, von Menschen, die sich nicht genügend angestrengt haben: Armut.

„Das Gesetz macht alle auf erhabene Weise gleich. Es verbietet allen Menschen, unter Brücken zu schlafen, auf den Straßen zu betteln oder Brot zu stehlen - den Armen ebenso wie den Reichen.“ 
(France, französischer Schriftsteller)

Freitag, 9. Dezember 2011

Lautlose Armut

Versteckt hinter Backsteinfassaden
verwahrlosten Wohnheimen
Bretterverschlägen in der Peripherie
Siedlungen der Anonymität
an denen wir wie blind vorbeiziehen

weisen namenlose Klingelschilder keinen Weg
und versperren zersprungene Glastüren nur denselben

Das odeur der Armut zieht über die Flure
Eine Melange von Schweiß, Fäkalien und kaltem Rauch
lässt Armut in Gänze verstummen

Armut zeigt sich nicht auf den Trottoirs der Szeneviertel
denn Betteln verschwindet aus den Innenstädten
und Pfandflaschensammeln wird auf Bahnhöfen verboten

Erblickt man nur noch den Hinz&Kunzt-Verkäufer
Ist es zu spät

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Verzeihen


Die Gedanken an dich
Verknüpfen sich mit meiner Angst
um mich

Du gehst nicht aus meinem Kopf

Doch wenn ich an dich denke
zieht wieder Herbst in meine alten Knochen
Alles fing an vor wenigen Tagen
Wochen
Jahren schon.
Oder gestern.

Dienstag, 6. Dezember 2011

Beifall dem Zweifel

Angloamerikanische Abschlüsse wie der des Bachelors und Masters auf die deutsche, bzw. europäische Hochschullandschaft auszuweiten, hieß vor einigen Jahren dem bildungspolitischen Fortschritt nicht entgegen zu stehen, alte Strukturen aufzubrechen und wettbewerbsbetrachtend gegenüber anderen Nationen aufzuholen. Heute sind die kurzen wilden Jahre des Kampfes der Studierenden gegen den verschulten Bachelor beendet und Entspannung macht sich großflächig breit. Studien der Hochschulen zeigen, dass immer weniger Studenten ihr Studium abbrechen, verglichen mit den bisherigen Studiengängen mit Diplom und Staatsexamina. Doch ist dies wirklich ein Grund zum Jubeln, nur weil sich der Gedanke aufdrängt?

Montag, 5. Dezember 2011

Verdienter Urlaub

© Albert Abwesend
Der Staub der Steine
Die salzgetränkte Luft Istriens
Die kühlen Tiefen einsamer Buchten
Die leisen Schreie entfernter Katzen
Durchatmen im Moment der Ruhe

Während Menschen sterben
Sitze ich hier und blicke aufs Wasser

Während die Wellen auslaufen
Rollen syrische Panzer über Menschen hinweg

Die Geschichte eines Gescheiterten beginnt hier
Im Zynismus des Urlaubers


Donnerstag, 1. Dezember 2011

Philanthropie Version 2.0

Das Internet mit allen seinen Websites, Blogs und Sozialen Netzwerken. National und international gedruckte Fachpresse. Radio- und Hörfunk. Kritische Fach- und Sachliteratur in öffentlichen Universitätsbibliotheken und Stadtbüchereien sowie im privaten Einzelhandel. Fernsehsender und Spartenprogramme in schier epischer Breite.
Die nicht hoch genug zu haltende Möglichkeit des schrankenlosen sapere aude ist in weiten Teilen der Welt – zumindest im größten Teil der westlichen Wertegemeinschaft – fraglos gegeben. Die daraus folgende implizite Handlungsaufforderung für den Bürger, die sichtbaren Folgen des allgemein möglichen und für das Subjekt stetig vollzogenen Wissenszuwachses, bleibt der aufgeklärte Citoyen jedoch in aktiver Partizipation und Agitation zumeist schuldig.