Angloamerikanische Abschlüsse wie der des Bachelors und Masters auf die deutsche, bzw. europäische Hochschullandschaft auszuweiten, hieß vor einigen Jahren dem bildungspolitischen Fortschritt nicht entgegen zu stehen, alte Strukturen aufzubrechen und wettbewerbsbetrachtend gegenüber anderen Nationen aufzuholen. Heute sind die kurzen wilden Jahre
des Kampfes der Studierenden gegen den verschulten Bachelor beendet und
Entspannung macht sich großflächig breit. Studien der Hochschulen
zeigen, dass immer weniger Studenten ihr Studium abbrechen, verglichen
mit den bisherigen Studiengängen mit Diplom und Staatsexamina. Doch ist dies wirklich ein Grund zum Jubeln, nur weil sich der Gedanke aufdrängt?
Die Demonstrationen gingen am wichtigsten Argument der Kritiker vorbei und finden daher in der nachträglichen Betrachtung auch keine Resonanz. Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass Zweifel, genauso wie tiefgreifende Auseinandersetzungen, Entmutigungen, Resignation und Neuorientierung zum Leben dazu gehören, besonders jedoch in den frühen 20er Jahren eines jeden Jahrgangs, bzw. in den Jahren zuvor. Diese jeder Entwicklung einhergehende immanent wichtige Phase der Selbstfindung ist in diesem Fall nur aus dem Studium ins Arbeitsleben verschoben worden, wo jedoch der Druck von tatsächlicher Erwerbstätigkeit und Erwerbslohn tiefgreifende Zweifel an Art der Beschäftigung in den meisten Fällen erschweren, wenn nicht gar gänzlich verbieten. Selbst in der Arbeitslosigkeit ist die Zeit zu kostbar, als das hinterfragt werden könnte, ob eine Umorientierung stattfinden kann und man entsprechend seiner Qualifikation kurze Zeit später wieder ins Arbeitsleben geschoben wird.
Nun hat die 18jährige Beispielstudentin nach Einschulung mit fünf, Abitur mit 17 und Universitätsabschluss mit 20 zwar beste Chancen den Sozialkassen 47 Jahre lang zur Verfügung zu stehen, aber kann sich jemand in diesem Alter überhaupt für einen Beruf entscheiden, eine Tätigkeit, die er womöglich leicht abgewandelt, sein ganzes weiteres Leben lang ausüben wird oder lediglich dafür qualifizieren? Oder was noch wichtiger erscheint, kann es die Mehrheit der Absolventen, bevor die geistige Entwicklung, bzw. kurz nachdem die pubertäre Entwicklung überhaupt abgeschlossen ist?
Das Wahlrecht auf Bundesebene, das ausnahmslose Abschließen von Verträgen sowie natürlich auch das alleinige Führen eines Kraftfahrzeugs markieren wichtige Punkte des Beginns einer gesellschaftlich gewollten und begründeten Übergabe von Verantwortlichkeit an die jüngere Generation. Alle diese Handlungen bedürfen tiefreichenden Überlegungen, fachlichen wie sozialen Kompetenzen und vor allem persönliche Fähigkeiten die allesamt langen inneren Kämpfen entkeimten; kognitiven Leistungen, die erst entwickelt und mit Erfahrungen fundiert werden müssen. Es wird schlichtweg angenommen, dies brauche diese neue Generation nicht mehr.
Die Botschaft des noch früher selbstbestimmten und verantwortungsbewussten Mitbürgers läuft ins Leere. Es läuft stattdessen darauf hinaus, das sich niemand wirklich Gedanken machen kann, wohin sein Arbeitsleben ihn führen soll, sondern ausschließlich, dass er oder sie, sobald das Studium beendet ist, in den Arbeitsmarkt eintritt. Dies ist gesellschaftliche betrachtet konsensualer wirtschaftsliberaler Wille, der sich im politischen Gehorsam des Gesetzgebers ausdrückt. Auf Kosten einer imaginären Selbstbestimmung eines Menschen, die so ad absurdum geführt wird, Jahre bevor der erste Schritt ins Erwerbsleben überhaupt getätigt wird.
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