Überhaupt gab es in der gesamten
Geschichte der Bundesrepublik bisher erst zwei erfolgreiche Parteiverbotsverfahren.
Beim letzten Verbot, dass der Kommunistischen Partei (KPD) im Jahre 1956, finden
sich bis heute negative Stimmen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts, da es
aus der zunehmend antikommunistischen Stimmung des beginnenden Kalten Krieges geboren
wurde und politischer Druck der Regierung Adenauer nicht ausgeschlossen werden
konnte.
Ein womöglich populistisch
motiviertes Parteiverbotsverfahren verhindert jedoch gerade nicht rechtsextremistisch
motivierte Gewalt und die Verbreitung deren Gedankengutes, sondern lädt
lediglich die Schuld für das Erstarken derselben bei einer Partei ab. Und nicht
bei uns allen, die wir uns eine Menge fragen lassen müssen.
Warum gibt es beispielsweise in den offiziellen
Statistiken lediglich 48 Opfer rechter Gewalt ab 1990, obwohl Recherchen von
DIE ZEIT und dem Berliner Tagesspiegel von 148 Fällen sprechen? Warum beginnt diese
Expertise erst ab dem Jahr 1990? Warum gab es bis 1990 keine offizielle
amtliche Statistik zu Opfern rechter Gewalt? Bedeuten erst der Fall der
Berliner Mauer und der Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des westdeutschen
Grundgesetztes, den Beginn des „bösen Zeitalters“, der Startschuss von Hetze und
Gewalt deutscher Neonazis gegen Mitbürger unserer gesamtdeutschen Republik?
Demokratisch bekämpft werden
muss der neonazistische Unsinn. Auf der
Straße, in Diskussionen und im Parlament. Ein einfaches Verbieten und Ausschließen
aus der demokratischen Arena führt auf Seiten der Rechtsextremen lediglich zu
der irrigen Annahme, hier solle etwas mundtot gemacht werden, und erhält postwendend
den Märtyrerstatus. Und der bundesrepublikanische Zeitungsleser des Boulevarddschungels
findet sein Lieblingscredo „Man wird doch wohl noch sagen dürfen“ in gewohnter
Schärfe gegen andersaussehende Mitbürger vor, ohne beschämt auf sein eigenes
Verhalten schauen zu müssen.
Ein Verbotsantrag ist
begründet, wenn es als letzter Akt des
Staates zur Rettung seiner freiheitlich demokratischen Grundordnung begriffen und
verstanden wird. Und nicht als Erster.
Stattdessen wird ein lautstarkes
und kurzweiliges Medienecho erzeugt, anstatt die Ursache von Extremismus - Armut,
Perspektivlosigkeit, Verwahrlosung und mangelnde Bildung – in unserer
Gesellschaft langfristig anzugehen. Dies wäre ungemein schwieriger,
kostenintensiver und vor allem langwieriger, als ein Verbot, da zuletzt jeder einzelne
Bürger gefordert wäre. Es würde den Bürgern Zivilcourage abverlangen, aktives reflektieren
und Abkehr von alltäglichen ausländerfeindlichen Floskeln bedeuten. Zu oft kam
bereits in der letzten Woche die Scham über Begrifflichkeiten der
Boulevardpresse auf, die die meisten anderen Medien kommentarlos übernahmen.
All dies würde zuerst bedeuten,
Verantwortung zu übernehmen. Und die beginnt bei der Sprache.
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